Der Pilot begann mit dem Landeanflug auf den Flughafen Luqa. Die Erde kommt näher, der winzige Jet vom Typ JR 70 Avroliner kreuzt die Schwelle zur Landebahn und setzt dann ganz sanft auf dem Rollfeld auf. Vor einer Woche sind wir auch mit solch einem kleinen Flieger hier angekommen. Die Woche ist viel zu schnell vergangen, und nun sitze ich hier im Flughafengebäude und warte auf meinen Rückflug. Während ich einen Kaffee schlürfe, denke ich an die vielen schönen Tauchgänge, die ich in der letzten Woche vor Malta, Gozo und Comino unternommen habe...Tauchgänge, nicht selten in 30 oder gar 40 m Tiefe. Blue Dome, Double Ar(s)ch, St. Pauls´s Island, Maffra-Point, das Cominotto Reef und natürlich Qawra-Point an der Südspitze der St. Paul´s Bay.
Qawra-Point: Das Wetter war an diesem Tag unberechenbar. Sonnenschein und Regen wechselten immer wieder ab. Während der Bootsfahrt zum Qawra-Reef riss die Wolkendecke wieder einmal auf und ein herrlicher Regenbogen schmückte den Himmel. Wir hofften „Schröder“, einen 1 ½ Meter langen Zackenbarsch zu sehen, der dort schon seit Jahren sein Revier hat.
Wir schwammen gerade über eine große Seegraswiese hinweg. Zwischen den gleichmäßig in der Dünung hin- und herwogenden Grashalmen sah ich Meerjunker und die farbenprächtigen Meerpfauen, Schriftbarsche und manchmal einen kleinen roten Drachenkopf. Zu den auffälligsten Bewohnern der Seegraswiesen gehört jedoch die Steckmuschel, die größte Muschel des Mittelmeerraumes.
Auf einmal verschwand wieder die Sonne und es wurde richtig schummrig. Ich schaute ins freie Wasser, in die Richtung, in der eben noch die Sonne das Meer erleuchtete. Dort stand ein Schwarm Barrakudas. Langsam tauchten wir näher und ich versuchte, sie zu zählen. Es müssen mehr als 30 gewesen sein. Wie durch ein Wunder riss plötzlich die Wolkendecke auf und ließ die pfeilförmigen, langgestreckten Körper der Raubfische silbrig funkeln und aufblitzen. Nachdem wir die wundervolle Show noch eine Weile beobachtet hatten, schwammen wir weiter zum Riffhang. „Schröder“ sahen wir nicht, dafür kleine Zackenbarsche, Papageienfische, Drachenköpfe und eine kleine Muräne.
Nachttauchgang am Maffra-Point: Der Lichtkegel meiner Lampe tastete sich suchend an der mit bunten Schwämmen und orangefarbenen Krustenanemonen bewachsenen Riffwand entlang. In einer kleinen Höhle entdeckte ich einen Conger-Aal, in einer anderen einen Skorpionsfisch. Bei Nacht wirkte alles noch viel lebendiger als am Tage. Der Scheinwerferstrahl erhellte plötzlich in einer großen Nische eine Madonnenstatue. Davor standen einige Rosen, die von Tauchern mitgebracht wurden. Neugierig schaute hinter der Statue ein kleiner Zackenbarsch hervor. Wir schwammen weiter und ich sah, dass jede Bewegung, jeder Flossenschlag von uns kleine Lichter aufflammen und verglühen ließ - das Meeresleuchten.
Wir setzten uns auf den Sandgrund und schalteten die Lampen aus. In völliger Dunkelheit fingen Tina und Tauchguide Udo an, wie wild mit den Armen herumzufuchteln und veranlassten nun durch ihre Bewegungen und Wirbel unzählige Organismen zum Leuchten, die dann langsam wieder im Meer „verglühten“. Klick - und die Lampen sind wieder an. Eidechsenfische buddelten sich flink in den Sandboden ein und schauten nur noch mit den Köpfen hervor, Tina entdeckte eine kleine Scholle und ein Krake versuchte sich unseren neugierigen Blicken zu entziehen.
Double Ar(s)ch und Blue Dome: Wir buchten eine Ganztagestour mit dem Boot nach Gozo. Nach zweistündiger unruhiger Schaukelfahrt erreichten wir Reqqa-Point, wo wir jedoch wegen des hohen Wellenganges nicht tauchen konnten. Als Ausweichmöglichkeit fuhren wir in eine windgeschützte Bucht. Hier befindet sich die Felsformation Double Ar(s)ch. Diesen Namen hat das Riff, weil es wie ein riesiger Hintern aussieht.
Hier leben Seesterne, Seegurken, Röhren- und Borstenwürmer, sowie Schwärme von Brassen und Mönchsfischen. Gegen Mittag rauhte die See auf, so dass das Essen auf dem Boot sehr magenstrapazierend war. Um dem zu entgehen, flüchteten wir ins Wasser. Ich schnorchelte und machte Unterwasserfotos von Quallen mit über einem Meter langen Tentakeln. Tina rettete sich auf einen Felsen. Endlich ging es weiter zum nächsten Tauchplatz, dem Blue Dome, einer großen Unterwasserhöhle, deren Zugang sich unter der Meeresoberfläche befindet. Wir tauchten in der Höhle auf. Die einzige Lichtquelle waren die durch den unterseeischen Höhleneingang eindringenden Sonnenstrahlen, die das Wasser darum im herrlichsten Azurblau erleuchten ließen. Einfach toll... Während der Rückfahrt zur St. Paul´s Bay sahen wir sogar einen fliegenden Fisch.
Die letzten Tage verbrachten wir noch am schönen Hotelpool bei 35° C und ließen diesen wundervollen Tauchurlaub langsam ausklingen.
Erstveröffentlichung in „Adlershofer Flossenblätter“ Ausgabe 30/1998
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