Kurz vor Weihnachten 1943 rettet ein Luftwaffen-Pilot Charles Brown und seine Crew
Bei meinem Besuch im Palm Springs Air Museum wurde ich auf eine besondere Fliegergeschichte aus dem 2. Weltkrieg aufmerksam. Es handelt sich um die Begegnung zwischen dem deutschen Jagdflieger Franz Stigler und dem amerikanischen Bomberpiloten Charles Brown, die sich in den Vorweihnachtstagen 1943 am Himmel über Deutschland ereignete und wie aus einem Hollywood-Film klingt.
B-17 im Palm Springs Air Museum
20. Dezember 1943. Ein Verband der 379th Bomber Group soll das Focke-Wulf-Werk bei Bremen angreifen. Darunter auch die B-17 Flying Fortress mit dem Spitznamen Ye Olde Pub des amerikanischen Bomberpiloten Charles „Charlie“ L. Brown. Bei dem Angriff wird die Maschine von Flugabwehrfeuer erheblich beschädigt. Einer der vier Motoren fiel aus, ein weiterer wurde beschädigt, so dass die Maschine mit den verbliebenen beiden Motoren Fahrt und Höhe nicht mehr halten kann und hinter der Formation zurückfällt. Das machte die "Fliegende Festung" zu einem leichten Ziel für deutsche Jäger, die den Bomber schwer beschädigen. In einer Tragfläche klafft ein Loch, ein Höhenruder ist weggeschossen und das zweite beschädigt, der Rumpf ist teilweise aufgerissen, Teile der Besatzung sind tot oder schwer verwundet.
Deutscher Jagdflieger trifft beim Luftkampf auf einen US-Bomber, der wehrlos ist.
Der deutsche Jagdflieger Franz Stigler steigt am Fliegerhorst Jever (nahe Oldenburg) in seine Messerschmitt Mf 109, startete und folgte dem Bomber. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits 29 Luftsiege errungen. Noch ein weiterer Abschuss eines feindlichen Bombers, dann winkt ihm das Ritterkreuz. Von hinten nähert er sich dem Bomber und wundert sich über das Ausbleiben des Abwehrfeuers. In der Glaskanzel erkennt er den Heckschützen – zusammengesunken und leblos. Durch die großen Löcher des aufgerissenen Rumpfes sieht er den Rest der Besatzung zusammengekauert im Inneren. Der Pilot, ebenfalls verwundet, kämpft damit, die Maschine in der Luft zu halten. Stigler erkennt, dass der Gegner völlig wehrlos ist. Da trifft er eine Entscheidung.
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Begegnung zwischen Franz Stigler und Charles Brown in den Wolken
Deutscher Pilot verschont amerikanischen Bomber
Stigler greift die Maschine nicht an, denn die Lage der Besatzung ist vergleichbar mit jener abgesprungener Besatzungsmitglieder. Deren Tötung wurde in Fliegerkreisen, bei Freund und Feind, als unehrenhaft bewertet. Im engen Verbandsflug fliegt er neben der feindlichen Maschine her und eskortiert sie außerhalb der Flak-Reichweite. Als beide Flugzeuge die offene Nordsee erreichen, salutiert Stigler zu Brown, zieht seine Maschine hoch, dreht ab und fliegt zurück zu seinem Fliegerhorst. Die Ye Olde Pub schafft es mit letzter Kraft nach Norfolk, England zurück.
Aus Feinden werden Freunde
Nach dem Krieg sucht Brown den Luftwaffen-Pilot, der ihn und seine Crew rettete. 50 Jahre später findet er Stigler. Charles Brown lebte in Seattle und Stigler war nach dem Krieg nach Vancouver, BC gezogen. Sie wohnten weniger als 200 Meilen entfernt von einander. Es entwickelte sich eine enge Freundschaft, die erst endete, als beide 2008 kurz nacheinander starben.
Weiterführende Literatur und Dokumentationen:
Chandler, Chris: "The Charlie Brown Story". Übermittelt an BBC am 28. Mai 2004
Eckl, Christian: "Regensburgs vergessener Held ist in Übersee eine echte Ikone". In Wochenblatt vom 6. Juli 2017
Eich, Martin: "Ein Gentleman in der Messerschmitt". in FAZ vom 19. Dezember 2017
Makos, Adam und Alexander, Larry: "A Higher Call. An Incredible True Story of Combat and Chivalry in the War-Torn Skies of World War II", Penguin, New York (2012)
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