Interview mit Otmar Richter
Im Buddelkasten haben sie schon zusammengespielt, in die Schule sind sie gemeinsam gegangen, gute Freunde sind sie … und auf einmal ändert sich alles: Man beginnt, sich mit anderen Augen zu sehen, die Postangestellte Katharina und der Busfahrer Peter. Das ist die Ausgangssituation bei dem Film „Amor holt sich nasse Füße“ aus dem Jahre 1978.
Die Story: Katharina (Marina Krogull) lässt sich einiges einfallen, um die Aufmerksamkeit von Peter (Peter Friedrichson) zu erregen. Leider bleiben alle Versuche erfolglos oder enden im Chaos. Nachdem Katharina Peters Motorrad versehentlich in einem See versenkt, versucht sie es mit dem Tauchen. Katharina wird nun mit ganz anderen Augen gesehen – taff, frech und sexy. Es kommt zu diversen heiteren Verwicklungen und schließlich zum großen Happy End. Die Geschichte stammt aus der Feder von unserem Ehrenmitglied und Museumsgründer Otmar Richter. Der Schauspieler und Drehbuchautor war schon damals ein begeisterter Taucher und so war es nur eine Frage der Zeit, bis er seinen Arbeitsplatz unter die Wasseroberfläche verlegte.
Otmar Richter
R.B.: Hallo Otmar, „Amor holt sich nasse Füße“ ist der erste deutsche Spielilm, der im Sporttauchermilieu spielte. Wie und wann entstand die Idee zu dem Film?
O.R.: Die Idee entstand im Eismeer bei Dreharbeiten für den Film „Fischzüge“. Der für diesen Film verantwortliche Dramaturg war anwesend und immer auf der Suche nach heiteren Stoffen. Da haben wir uns „rangequatscht“. Damals schon mit dem Sporttauchervirus infiziert, drängte sich mir dieses Milieu natürlich für eine Rahmenhandlung auf. Das Szenarium habe ich im Anschluss geschrieben. Ein Teil meiner Manuskripte, das Szenariums und das Drehbuch sind vorhanden. Damals gab es noch keine Computer. Die maschinengetippten Seiten sind im Sporttauchermuseum Wendenschloß ausgestellt.
Das Original-Szenarium von 1977 zum Film "Amor holt sich nasse Füße"
R.B.: Du hast in dem Film selbst mitgespielt. War das eine Entscheidung des Regisseurs/Produzenten oder hattest du von Anfang an die Rolle des „Waldemar“ für dich geschrieben?
O.R.: Das war eine Marotte von mir. In jedem von mir geschriebenen Film spielte ein von mir gespielter „Waldemar“ mit.
R.B.: Aufgrund der amüsanten Geschichte und der Besetzung mit beliebten DDR-Volksschauspielern wie Ingeborg Krabbe (sie spiele Katharinas Mutter) und Heinz Rennhack (Tauchkumpel Kümmel) wurde der Film gern gezeigt. Hattest du Einfluss auf die Besetzung?
O.R. Beim Schreiben denke ich immer an eine bestimmte Person, die nach meiner Meinung die jeweilige Rolle am besten spielen kann.
R.B.: Mussten die Darsteller erst tauchen lernen? Wie waren die Dreharbeiten mit den „Nichttauchern“ und die Arbeit mit Regisseur Hans Knötzsch, der vor allem für Kriminalfilme bekannt war?
O.R. Grundkenntnisse wurden jedem Darsteller je nach den Tätigkeiten, die er zu bewältigen hatte, vermittelt. Die eigentlichen Aufnahmen von Tauchern wurden gedoubelt, was bei der „Kostümierung“ und „Maskierung“ in unseren Fällen ja überhaupt keinerlei Schwierigkeit war.
Die Arbeit mit Hans Knötzsch war professionell - wir kannten uns lange.
R.B.: Wo entstanden die Unterwasseraufnahmen?
O.R.: Die Unterwasser-Aufnahmen für den Film entstanden im Stechlinsee, im Helenesee und in Bulgarien. Sie wurden von Dr. Martin Rauschert mit der „Aquaflex“ gedreht. Die 35mm Kamera war bei Filmproduktionen sehr gefragt und wurde u.a. auch für die Unterwasseraufnahmen der Serie „Das unsichtbare Visier“ und weiteren Spiel- und Dokumentarfilmaufnahmen eingesetzt. In der ehemaligen DDR gab nur drei „Aquaflex“. Ein Exemplar der letzten beiden noch vorhandenen „Aquaflex“ ist im Sporttauchermuseum Wendenschloß ausgestellt. Als Requisit wurde bei den Dreharbeiten auch ein Unterwassergehäuse mit Filmkamera „Pentaka 8“ eingesetzt, die ebenfalls im Sporttauchermuseum Wendenschloß ausgestellt ist.
In Bulgarien hatten wir für die Drehaufnahmen nur zehn Tage Zeit. Wir dachten, dort ist wunderbares Wetter und jede Menge Sonnenschein. Doch wir hatten nur zehn Tage Sturm. Es ist ist nicht so wie heute mit der digitalen Technik. Die „Aquaflex“ ist dagegen ein Monstrum. Und für die Aufnahmen brauchten wir Licht. 50 250 Watt-Lampen in ein Tableau geschaltet, davon zwei solcher Flächen. Die Kabel, die ins Wasser gebracht wurden, waren 5 cm im Durchmesser. Jede dieser Tafeln wurde von drei bis vier Beleuchtern unter Wasser gehandelt. Dazu die Riesen-Unterwasserkamera. Da unten, das war eine reine Katastrophe. Wir haben dann sehr gekürzt, vom Buch her, es ging nicht anders, wir hatten nur zehn Tage. Für mehr Drehtage hatten wir kein Geld und das war auch nicht zu verlängern. Und daher rutscht leider der Schwarz-Meer-Unterwasserteil so ein bisschen weg. Aber was wir hier gedreht haben, die Wettkämpfe und so, das ist richtig ansehenswert geworden.
R.B.: Gab es beim Drehen weitere Zwischenfälle oder bemerkenswerte Episoden?
O.R.: Zwischenfälle nicht, aber Behinderungen unserer Dreharbeiten schon. Wir drehten in Berlin auf dem Alexanderplatz. Die Szene: Hauptdarsteller Peter Friedrichson muss mit Flossen an den Füßen einer attraktiven jungen Dame hinterherlaufen, die soeben gekaufte Flossen im Beutel trägt. – Wir hatten nicht mit der Neugier und dem Interesse der unzähligen Passanten auf dem beliebten Platz gerechnet. Im Nu waren wir mit unserem Drehstab umstellt, ja umzingelt von Menschen in mehreren aufeinander folgenden Reihen. Da half kein Erklären, kein Bitten und kein Betteln. Die Massen waren nicht zu bewegen, auch nur einen Zentimeter ihres eroberten Aussichtsplatzes freizugeben. Den Vorschlag unseres Aufnahmeleiters zu rufen „Im Kaufhaus gibt‘s Bananen“ unterließen wir wohlweislich. Wir hätten dann womöglich noch Prügel bezogen. Unser Kameramann machte aber das Beste daraus.
R.B.: Wann wurde der Film erstmals gezeigt?
O.R.: Die Erstausstrahlung im erfolgte am 15. Mai 1978 um 20 Uhr im 1. Programm des DDR Fernsehens.
R.B.: Was ist deine schönste Erinnerung an die Dreharbeiten?
O.R.: Die Arbeit am Schneidetisch für die Unterwasser-Aufnahmen, die mir Regisseur Hans Knötzsch als „Fachmann dieses Milieus“ überlassen hatte.
R.B.: Lieber Otmar, vielen Dank für das Interview.
Roger Blum im Gespräch mit Otmar Richter
Quelle: Roger Blum/Steven Blum, Schwerelose Zeiten - Tauchererinnerungen, Berlin (2020)
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